Tuesday, August 19, 2014

Von Bachmann zum Krimi und 99 Fragen.




Kurz zur Erinnerung: Franzobel war 1995 Bachmann-Preisträger. Knapp 20 Jahre und einige Bücher später, unter anderem den damals sehr hoch gehandelten Roman „Das Fest der Steine oder Die Wunderkammer der Exzentrik“, legt Franzobel nun seinen ersten Krimi vor. Somit ist Franzobel der einzige österreichische Autor, der sich – relativ erfolgreich – wirklich in allen literarischen Gattungen versucht hat. Aber was kann der Franzobel-Krimi?

Kurz zum Inhalt: Edgar Wenninger ist ein 400-Meter-Läufer, Olympia-Bronze-Gewinner und x-facher Staatsmeister. Er wird wegen Doping verurteilt und begeht Selbstmord, als er aus dem vierten Stock eines Wohnhauses im 6. Wiener Gemeindebezirk springt, aber war es wirklich Selbstmord? Es muss also ermittelt werden, mit Kommissar Groschen als Hauptfigur. Franzobel schrieb einen typisch österreichischen Krimi. Das heißt, der Krimi ist mit tollen Nachnamen gespickt, ist jedoch wie die österreichische Mentalität, sehr träge. Da hat sich seit Alfred Komarek zu wenig getan. Ich glaube, hier wird zu wenig über den Plot nachgedacht, sonst könnte ja mehr passieren. Dass Franzobel hier den Doping-Wahnsinn im Sport hinterfragt, auch den „plötzlichen“ Rücktritt eines Stars im österreichischen Ski-Team, ist gut, demgegenüber fehlt jedoch die große Skurrilität in den Figuren, die Franzobel Romane und Stücke immer auszeichneten. Nice try, aber das nächste Mal bitte mit mehr Pfeffer und nicht so eindimensional.
 


99 Fragen

Über Moritz von Uslar gibt es viel zu berichten. Mit „Deutschboden. Eine teilnehmende Beobachtung.“ schrieb er einen interessanten und einfühlsamen Roman über den tristen Alltag in der Brandenburger Kleinstadt Zehdenick. Uslar mag man aber vor allem, weil er sehr frech ist und wunderbare Interviews macht. Mit dem Sammelband „100 Fragen an …“ machte er vor einigen Jahren Furore, immerhin brachte er damit Prominente wie Mick Jagger und Heidi Klum zur Verzweiflung oder zur Besinnung, je nachdem. Nun legt Uslar seinen neuen Interview-Band „99 Fran an …“ vor. Uslar scheint gereift zu sein, er geht seine Fragestunde nun ruhiger an und liegt damit trotzdem nicht schlecht. Den krebserkrankten Helmut Dietl sowie den manischen Werner Herzog bat er zum Gespräch. Unterwürfig ging er zum Literaten Hans Magnus Enzensberger, keck zu Diane Krug und ein jetzt gar nicht so unkritisches Interview holte er sich bei Anna Netrebko ab. Ob’s jetzt wirklich klug von ihm war, brav und gesittet geworden zu sein, ist fraglich, dennoch kann er mit seinen unerwarteten Fragen immer wieder für Spannung sorgen und an die Grenze von manchen Interview-Partnern geht er noch allemal: „Ich würde mich nicht noch einmal von ihm interviewen lassen“, meint zum Beispiel Angela Merkel.

 

Franzobel: „Wiener Wunder“, 222 Seiten, Zsolnay.

Moritz von Uslar: „99 Fragen an …“, 306 Seiten, KiWi. 


 
 


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