Monday, May 30, 2016

Philip Kerr - Wolfgang Kühnelt 1:3




Pünktlich zur Fußball-EM erscheinen naturgemäß massenhaft Kicker-Bücher Wolfgang Kühnelt nimmt hierbei Österreich unter die Lupe, Philip Kerr marschiert nach Griechenland.
Philip Kerr ist kein Unbekannter mehr. Mit „Game Over“ brachte der überzeugte Arsenal- Fan vor zwei Jahren seinen ersten Fußball-Krimi heraus, mit „Die Hand Gottes“ legt er nun nach. Spielt sein erster Roman zur Weihnachtszeit, in der in England der Fußball Hochbetrieb hat, ist der Handlungsschauplatz seines neuesten Werks interessanterweise Griechenland.

Der Co-Trainer als Schnüffler

Im Champions-League-Spiel Olympiakos Piräus gegen London City stirbt während des Spiels der russische Spielmacher der Londoner am Sekundentod, einem plötzlichen Herzstillstand. In der Nacht darauf wird aus dem Hafenbecken von Piräus eine Dame gefischt, die die letzten Stunden ihres Lebens mit dem toten Fußballer verbrachte. Die mögliche Verwicklung in diesen Todesfall ist nun der Grund, warum die Mannschaft nicht aus Griechenland abfahren darf. Um die Zeit totzuschlagen, beginnt der Co-Trainer des fiktiven Fußballclubs, Scott Manson, wie bereits im ersten Roman, als Hobbydetektiv zu ermitteln.

Prinzipiell ist Philip Kerr fein zu lesen. Der Mann hat wirklich eine Ahnung vom Fußball und auch wie die Dinge im Hintergrund laufen. Seine direkte Ausdruckweise, er nimmt sich nur selten ein Blatt vor den Mund, erinnert sehr stark an die Spielart des englischen Fußballs. Den Trip nach Griechenland hätte er sich dennoch sparen können. Seine Erkenntnis bringt keinen Mehrgehalt, zumal auch der saloppe Stil des Autors in diesem Falle eher beleidigend wirkt. Bleibt zu hoffen, dass Philip Kerr seinen nächsten Fußball-Thriller wieder in England spielen lässt, oder eine wirklich ausgefallene Destination findet.

Die österreichische Seele

Hier tut sich der Autor Wolfgang Kühnelt etwas leichter. Er bleibt mit seiner Streitschrift „Nachspielzeit“ in Österreich. Der Untertitel „Die sieben Todsünden des österreichischen Fußballs“ sagt eigentlich schon alles aus und zugleich ist es doch anders als es scheint: Kühnelt zeichnet mit Hilfe des Fußballs ein äußerst gelungenes Porträt über unser Land. Österreich als ängstliches Land, welches an einer verschwommenen Selbstwahrnehmung laboriert und sich im Grunde selbst nicht leiden kann.

Aber diese Streitschrift ist mehr als ein launisches Dribbling. Sie behandelt sowohl die Einstellung des Durchschnittsösterreichers zu Einwanderern, bis hin zur berühmten Missgunst gegenüber seinen Nachbarn. Cordoba oder der Sieg über Deutschland wird dementsprechend nochmals beleuchtet. Fazit: Wir sind die Neidrepublik und Kühnelt ein genauer Beobachter. Zu lernen würde es viel geben, die erste Hürde könnte bereits nach der Fußball-EM kommen: Wenn es mit den Resultaten nicht so klappt, schickt man den zurzeit hochgejubelten Teamchef Marcel Koller wieder in die Wüste? Zuzutrauen wäre es dem Österreicher. Ist er doch nach wie vor seines Unglücks bester Schmied.

Fazit: Der Österreicher Wolfgang Kühnelt gewinnt das Ländermatch gegen den Engländer Philip Kerr eindeutig mit 3:1.


Vorarlberger Nachrichten, Martin G. Wanko

 
Philip Kerr: „Die Hand Gottes“, 396 Seiten, Tropen Verlag

Wolfgang Kühnelt: „Nachspielzeit“, 67 Seiten Leykam Verlag



Wednesday, May 11, 2016

Laufen oder klatschen!



Meine Laufsaison ist zu Ende, nein, nicht ganz, es gab aber bereits die beiden größten Highlights: Den Vienna City Marathon (VCM) und den Wings for Life. Der VCM ist wohl der renommierteste Lauf in Österreich, mit über 100 Nationen zu Gast und rund 42.000 Läufern. Sehr super. Gut organisiert, und überhaupt: Da wurde in den letzten Jahren auch investiert und nicht nur verdient. Der Lauf war trotz Sauwetter geil, weil man halt gerne in Wien ist und das etwas gleich schaut, wenn man am Naschmarkt läuft. Ein bisserl auch staatstragend, so mit Bundeshymne, Walzer, weiß Gottt alles, Land of Hope and Glory habe ich strange gefunden. Ich sah nirgends die Brits aus glorreichen Kriegen heimkehren. ;)

Auch sonst: Anständig Verpflegung bis zum Schluss, Erdinger-Cheerleader-Paraden die etwas hergeben, auf alle Fälle wenig Quatsch. Auch war zu sehen, dass das Merchandising funktioniert. Die Läufer legen sich gerne als „verwendbares Andenken) ein Qualitätstrikot des Laufs zu, auch wenn das dann mit der Startgebühr über 100 EUR ausmacht. Zu mir: Sehr wenig Schlaf, mäßiges Training und eine kleine Party davor, daraus  resultiert eine oage Zeit, für den Halben ca. 1:37, wo ich aber zum nächsten Punkt komme: Man macht es ja, damit man es macht, den olympischen Gedanken, den gibt’s ja noch. Der erste „Halbe“ dieses Jahr ist also Geschichte.



In den letzten Jahren  war die Teilnahme am Wings for Life für mich nicht möglich. Heuer war ich also erstmals am Lauf dabei, der von Red Bull weltweit veranstaltet wird. In einem Satz erklärt: Weltweit laufen die Mädels und Jungs zeitgleich weg. Nach dreißig Minuten setzt sich ein Catcher Car in Bewegung und schnappt alle Läufer auf. Gewonnen hat, der weltweit als letztes geschnappt wurde. Okay, mich erwischte es nach rund 8 km, wäre auch so mehr drinnen gewesen, standen doch viele Pfosten am Weg herum, aber deshalb macht man’s ja nicht.

Der Event war steil, so viele LäuferInnen zu sehen, die irgendwie schwer nach Nachtlokal und Disko ausgeschaut haben, die vermutlich noch selten in Laufschuhe schlüpften, war außergewöhnlich, aber richtungsweisend. Neben den Ausdauersportlern macht sich nun eine zweite Bewegung bemerkbar, die Youngsters, die sich ganz gerne bewegen und ein anderes Ding suchen, als Volksläufe: Mit dem Catcher Car, Hubschrauberflug, den RB-Sportlern und dem Drumherum war wirklich viel los und es zeigte auch die Möglichkeiten auf, dass eine eigentlich unspektakuläre Sportart zumindest auffällig gezeigt werden kann und sich dieses Gefühl auf die Teilnehmer überträgt.



Der Gedanke, dass dieser Lauf den Menschen gewidmet ist, die nicht mehr laufen können, ist voll okay und geht auch auf. Hier sieht man dann bei Steigungen, wie LäuferInnen RollstahlfahrerInnen antauchen und ein Stück mitnehmen, ohne jetzt auf ihre Zeit zu schauen und so weiter. Dass das natürlich wieder eine Werbung für Red Bull ist, ja mei. Andere verdienen auch Millionen und machen nix. Dass es an den Labstationen Red Bull gibt, finde ich irgendwie witzig, Coca Cola gibt’s in den anderen Läufen auch. Nächstes Mal werde ich im Team Betriebsrat antreten, wie schon GAK-Haberer Hofer sehr treffend bemerkte, vielleicht löst sich dann der Lauf auf ;) Eines noch, das Publikum hat’s ganz gerne, wenn es von Läufern angebrüllt wird und folgt dann zugleich: Klatschen oder laufen!

Wa. (Fotos: Wa.)