Monday, December 02, 2013

Schon schön schnelle Autoren!


Zwei neue Romane beleuchten bloß einige Stunden.
Douglas Coupland macht es vor: Sein Roman „Spieler Eins“ umfasst eine Zeitspanne von genau fünf Stunden, dann ist Schluss. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn in nur fünf Stunden soll die Erde untergehen. Witzig-knackig fährt er mit „Spieler Eins“ in den Weltuntergang – oder gibt es doch eine Rettung?

 

Retro Cover, und so.


Science-Fiction im Anmarsch

Zum Inhalt: Fünf Personen befinden sich in einer öden Bar in der Nähe eines Flughafens. Alle haben dasselbe Problem: Sie finden ihr Leben zum Wegwerfen und pfuschen daran herum. Natürlich rechnen sie nicht damit, dass sie kurzerhand von der Zukunft überrollt werden. Eine Giftgaswolke ist im Anflug, die Menschen verbarrikadieren sich und ein unorthodoxer Scharfschütze schießt sich langsam auf die fünf Gäste ein. Dieser Roman kann schon was! Er spielt mit dem Sinn des Lebens, driftet aber nicht in die Esoterik-Ecke ab; eher ist er eine intelligente Abhandlung der Realität mit einer Nuance Zukunft. Coupland kokettiert schon länger mit Science-Fiction-Themen, das tut ihm gut. Jedoch ereilt ihn einmal mehr das Schicksal des One-Hit-Wonders: Sein Debüt „Generation X“ bleibt nach wie vor unerreichbar. Und darum wird er sich wohl wieder einmal in den Arsch beißen!

 

Ben Fountain macht schon gut Sache!
 
 Ein bösartiger Cocktail

Der Autor Ben Fountain ist in „Die irre Heldentour des Billy Lynn“ auch nicht länger als einige Stunden am Geschehen dran. Er begleitet die „Bravo-Squad“, acht amerikanische Kriegshelden aus dem Irakkrieg, einen Nachmittag lang. Die acht Soldaten haben ein waghalsiges Manöver mehr durch Glück als durch Verstand gewonnen. Fox-News drehten zufällig mit und binnen Stunden waren Kriegshelden geboren. Als Propaganda-Maßnahme werden die Jungs nun auf eine aberwitzige Blitz-Tour durch die USA getrieben, um danach wieder an die Front zu müssen. Der Autor beschreibt die letzten Stunden vor der Rückkehr in den Irak. Es ist der angebrochene Thanksgiving Day in Dallas, an dem die „Bravo-Squad“ als Stargäste zum Footballspiel der Dallas Cowboys geladen sind.
 
Hammer und bam, bam!

Wir stehen vor einem absolut dichten Roman zwischen Medienkultur, Popkultur, Kriegsbericht, Größenwahn, Familientragödien, Sex, Erniedrigung und tatsächlich Spaß. Das alles auf einmal, und trotzdem in großer Gelassenheit geschildert – ein amerikanischer Albtraum der feinsten Sorte. Im Prinzip ist dieser Roman eine atemberaubende Mischung aus Don DeLillos „Unterwelt“, Bret Easton Ellis „American Psycho“ und von mir aus such Norman Mailers „Die Nackten und die Toten“. Das Aushängende an der „Irren Heldentour“ sind die Normübertretungen. Der Krieg verkommt zur Show, und der Autor mixt daraus einen genial grausamen Cocktail aus Lust, Ekel, Gier und Angst. Ach, so geil! Dabei bin ich mir nicht einmal sicher, ob man in den Staaten die Verrücktheit dieses Romans in seiner Gesamtheit realisiert, ist man doch zu nahe am Geschehen.


Wa

Douglas Coupland: „Stunde Eins“, 246 Seiten, Tropen Verlag

Ben Fountain: „Die irre Heldentour des Billy Lynn“, dtv