Monday, August 16, 2010

Gestern Nacht traf ich Wolfgang Bauer.



Der Schriftsteller Wolfgang Bauer steht vor mir, in seiner Wohnung am Opernring. Er begrüßt mich herzlich und fragt was ich trinken will. Bevor ich noch antworten kann, öffnet er den Kühlschrank. Er ist überfüllt mit Pago, Capy und Multivitaminsäfte. Er selbst nimmt sich ein Pago ACE. Er gibt mir ebenfalls eines. Wir stoßen an und er trinkt es ex. Er nimmt sich gleich noch eines, und überhaupt, er schreibt gerade ein Theaterstück mit dem Titel „Das unendliche Leben der Vitamin-Mitzi“ und deshalb ist er jetzt jeden Tag im Vitaminrausch. „Und so ein Vitaminrausch das ist schon was!“, antwortet er mir. „Dazu gesunde Kost, vor allem frisches Gemüse und wenig Fleisch! Abgesehen davon, bei der Geschwindigkeit muss man schauen, wo man bleibt.“ Ich schaue aus dem Fenster und bemerke, dass wir durch das Weltall rasen, kein bisschen Sonne, dafür farbenfrohe Planeten. Beim nächsten Hinschauen hat sich das Zimmer in eine Rakete verwandelt.

Ich schenke Wolfgang Bauer einen unverwandten Blick, aber er meint, ich soll mir keine Sorgen machen. „Dort wo wir jetzt sind, dort funktioniert das Leben so. Geil, was?!“ Neben uns saust eine andere Rakete vorbei. „Das war der wilde Helmut Eisendle!“, meint er, ein Dichterkollege aus vergangenen Zeiten auf der Erde. Mit Eisendle gibt er sich ein regelmäßiges Duell. „Jetzt gerade lasse ich ihn vorbeiziehen, aber drei Stunden später habe ich ihn längst wieder eingeholt!“ Schwieriger wird es beim schnittigen Raumschiff vom Nestroy. „Da muss man sich einiges einfallen lassen, um von dem nicht gleich zerbröselt zu werden!“

„Das Raumschifffahren ist überhaupt lustiger, als das Schreiben!“, meint er. Schreiben tut er ja nach wie vor, aber er behält sich die Geschichten lieber im Kopf und wenn es einmal passt, schickt er sie auf die Erde und lässt sie durch einen anderen Kollegen entstehen. Die „Vitamin-Mitzi“ zum Beispiel. „Am liebsten wäre es mir, wenn ich dieses Stück an einen Mexikaner transferieren könnte, der mit einem großen Sombrero an der Bar sitzt, Tequila trinkt und dann wie in Trance nach dem Rechnungsblock vom Wirt greift und das ganze Stück in einem runter schreibt! Und keiner weiß, wie der zu dem Stück gekommen ist, ha, ha!“

Unsere Blicke gehen wieder zum Fenster. Dort torkelt ein Raumschiff herum und Wolfgang Bauer kann sich kaum halten vor Lachen. Ha, ha, ha! „Das ist, “ spricht er, „das ist, “ und wieder lacht der Bauer, als gäbe es kein Morgen. „Das ist der Andreas Okopenko, der ist neu in unserer Flotte, kam erst vor kurzem von der Erde. Am Anfang geht’s jedem so, so ein Literaturraumschiff ist gar nicht so leicht zu lenken!“ Da hilft auch kein Führerschein, weil bei ihnen im All haben sich Raum und Zeit aufgelöst, da fährt man absolut auf Gefühl.
Plötzlich kracht ein Kommet vorbei, das Raumschiff wird erschüttert, aber Wolfgang Bauer hat das Steuer fest im Griff. „Und das, “ meint er stolz, „das war der Falco! Der hat sich auf Erden nie so ganz entscheiden können, ob er Musik macht, oder doch lieber dichten soll.“ So triftet Falco nun immer von der Galaxie der Musiker in die Galaxie der Dichter ab.

Ich will ihn schon fragen, wie es denn mit so echten Kapazundern Wie Goethe oder Shakespeare ausschaut, vielleicht sind das ja schon ganze Raumstationen! Plötzlich bleibt mir die Luft weg. Ich muss ja ebenso tot sein, sonst würde ich ja nicht im Raumschiff beim Bauer sitzen! Also frage ich den Grazer Dichter, was ich denn hier mache. Darauf meint er: „Wanko, grüß mir die Welt, sag ihr, dass sie ein kleiner Furz ist und nicht so eingebildet sein soll, aber, da die Welt nun mal die Welt ist, täte es mich sehr freuen, wenn die Welt weiß, dass es mir gut geht. Alles wunderbar galaktisch!“ Die Grüße richte ich gerne aus, denn immerhin jährt sich heuer im August Bauers fünfter Todestag, da wird man sich wohl auch die Frage stellen, was denn der Bauer heute so macht.

Wa.

2 comments:

günter eichberger said...

heute früh schlage ich okopenkos "meteoriten" auf. und was lese ich auf s. 59:
"Der Mörder Wanko sagte: Weil Gott gottseidank nicht nur der Gott der Güte, sondern auch der Gott der Gescheitheit und der schön gemachten Sachen ist, wird er mich gewiß irgendwo in einem Winkel seines Herzens für meinen perfekten Mord ein bißchen liebhaben."

Martin G. Wanko said...

Yes. oko hat schon gewusst, was los ist ;-)