Monday, August 04, 2008
Die Itaker kommen - Romanzo Giallo Italiano
Nun ein kleiner Einschub, für den hab ich Ossy im Übrigen aus dem Keller kommen lassen, um mir die Bücher zu holen. Da die werte Leserschaft, allen voran Th. Koch, ein Liebhaber der Itaker-Krimis zu sein scheint, hier in salata mista - auf einem Haufen:
In Magdalen Nabbs vierzehnten und letzten Krimi „Vita Nuova“ rund um den schrulligen Commissario Maresciallo Guarnaccia, der mit seinen dunklen Brillen und ungeschicktem Auftreten eher stolpernd ans Ziel kommt, beklagt eine gutsituierte Familie am Stadtrand von Florenz den brutalen Mord an ihrer ältesten Tochter. Als Meisterin des behutsam aufgebauten Krimis rollt Nabb den Fall auf und spielt ihn locker zu Ende. Doch Commissario Guarnaccia scheint müde geworden zu sein, die Computer arbeiten schnell – aber wenn man sich nicht auskennt doch zu langsam. Und die Neureichen, die die Stadt verpesten und verändern, sind ihm ein Dorn im Auge. Vielleicht hätte die gebürtige Britin ihren Commissario demnächst in Rente geschickt, doch ihr unerwarteter Tod regelt diese Angelegenheit von selbst.
Aber Freunde des italienischen Krimis müssen sich nicht sorgen, denn es stehen genug würdige Nachfolger in den Startlöchern. Valerio Varesi zum Beispiel hat seinen Commissario Soneri in Parma stationiert. In seinem nunmehr dritten Soneri-Krimi „Lichtspiele“ schickt er den Commissario ins Kino: Regelmäßig treffen sich Krimi-Liebhaber in einem alten Programmkino um ihrer Leidenschaft zu frönen. Nach dem Abspann bleibt das honorige Mitglied Serafino Palmieri jedoch am Kinosessel kleben. Eine Strychnin-Injektion ruft Soneri auf den Plan.
Der Autor arrangiert ein kluges Ping-Pong Spiel zwischen fiktiven Morden auf der Leinwand und denen in der Realität. Und Valerio Varesi hat es nicht eilig. Immer wieder lässt der Autor seinen Bullen durch die selben Pforten schreiten, bis die Verdächtigen nervös werden und Fehler begehen. Einige Male werden alte Helden wie Raymond Chandler und Dashiell Hammett rezitiert – rau, ungepflegt und mit einer kalten Zigarre zwischen den Lippen, erweist der Bulle den Roman-Noir-Helden durchaus seine Referenz.
Einen Commissario dem wohl jedes Gässchen in Genua bekannt ist, erschuf Claudio Paglieri. Commissario Marco Luciani liquidiert nach einem umstrittenen Fall seinen Dienst bei der Kripo. Ein Mann mit Prinzipien also, der überall wo es nur geht aneckt. Als Gegenstück stellt der Autor ihm einen quirligen Youngster hin. Gutaussehend, galant, EDV-besessen und skrupellos, will Claudio Paglieri seinen ersten Fall lösen.
In „Kein Schlaf für Commissario Luciani“ wird in einer Anwaltskanzlei eine Büroangestellte ermordet aufgefunden. Plötzlich melden sich beim Jung-Kommissar Geheimdienstmitarbeiter, die den Fall „unterstützend“ lösen wollen. Der ambitionierte Kommissar scheint überfordert, also tritt der Haudegen Luciani immer mehr in den Vordergrund.
Eine klassische Comeback-Story sozusagen, und doch noch viel mehr: Ungefähr ab der Mitte entwickelt er sich der Roman zum Page-Turner, da der Autor die Geschichte aus allen nur erdenklichen Blickwinkeln erzählt. Claudio Paglieri erweist sich als wahrer Krimi-Künstler, denn die ganze Wahrheit erfährt in dieser gut strukturierten Geschichte ausnahmslos der Leser.
Nach wie vor überwiegt in Italien also der ältere Commissario, der mehr durch Denken als durch Handeln seine Fälle löst, mit Gewichtsproblemen zu kämpfen hat und dem guten Wein nicht abgeneigt ist. Eine flotte, kluge Commissaria, die sich nicht gleich um den Finger wickeln lässt, könnte für Unruhe unter den Traditionalisten sorgen.
Wa.
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4 comments:
Soneri liebe ich. Diese Essensvorschl�ge ... Den Paglieri werde ich mir sofort kaufen m�ssen, die korporale Beschreibung passt nebenbei (leider? n� auch zu 100% auf mich. Klingt echt interessant. Was h�lt der wa. von Franca Permezza (z. B. Partitura di Praga?)
Franca Permezza. kenn isch nicht. Hab mich jetzt ein bisserl schlau gemacht, werde Ossy morgen Freigang geben, der wird sich über den marsch in buchladen sicher freuen - und dass er bei mir im keller ist, glaubt ihm so und so keine Sau!
wa.
Klar, wo wir Buchmenschen eh alle so graugesichtig aussehen.
Stieeemt!
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