Schon auf den ersten Seiten wird das Schachspiel zelebriert.
Dementsprechend ist der Krimi auch aufgebaut. Die Beteiligten kommen einem wie
Brettspielfiguren vor und das Spielfeld von Heigo Higashino ist wahrlich groß.
Natürlich läuft er dann und wann Gefahr den Fall zu technokratisch abhandeln,
um dies zu verhindern, bringt er die emotionellen Möglichkeiten von Yasuko ins
Spiel. Zum einen liest man das Buch flott und es ist entspannend, nicht vor
einem weiteren Sushi-Krimi zu sitzen, hier wurde schon viel nachgedacht, zum
anderen ist es aber kein Murakami-Roman, obgleich die begnadete Murakami-Übersetzerin
Ursula Gräfe auch in der „Verdächtigen Geliebten“ eine grundsolide Arbeit
hinlegte und die asiatische Aura richtig temperiert einfließen ließ.
Während Heigo Higashino bei allen Verdüsterungen eigentlich
einen lichten Roman schrieb, ziehen in Amerika schwerbeladene Wolken auf, wenn James
Sallis, der Altmeister der amerikanischen Noir-Krimis, am Werk ist. Mit seinem
Vorgänger „Driver“ legte er in den letzten Jahren wahrscheinlich das
brillanteste Werk über das Agentendasein nach dem Kalten Krieg hin. „Driver“
wurde mit Erfolg verfilmt, wahrscheinlich auch deshalb die nun doch sehr rasche
Nachreichung von „Driver 2“.
Driver ist ein junger Agent, den es mangels Aufträge in
einer neuen Weltordnung und einer frischen Liebe in den Frühruhestand versetzte.
Aus dem Nichts tauchen Auftragskiller auf und in einem Schusswechsel stirbt
seine Frau Elsa. Die Kopfgeldjäger haben es auf ihn jedoch weiter abgesehen und
in einem furiosen, sehr fein dosierten Thrill, dringt er immer näher zu den
Mächten vor, die ihm diese unruhige Zeit bescheren. Im Hintergrund der bewusst
brüchigen Handlung ragen düstere Modells, schlecht beleuchtete Autowerkstätten,
billige Restaurants, poröse Straßen aufgemotzte Autos und zugleich sehr hellen
Blitze empor, die eine sehr kräftige barocke Klangfarbe aufleuchten lassen,
vielleicht auch eine Nuance heller als bei seinem letzten Werk. Bliebe mir noch
ein Neujahrswunsch offen, würde ich James Sallis mit einem James-Bond-Drehbuch
beauftragen: Daniel Craig hätte endlich eine Rolle und der Mainstream hätte unendliche Möglichkeiten das Genre neu entdecken.
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