Friday, January 08, 2010

Vom 2. Weltkrieg bis zum Zweitwohnsitz




In den letzten Jahren schuf der englische Autor David Peace ein hervorragendes Krimi-Quartett, das sich anhand der Blutspur des realen Serienmörder Peter William Sutcliffe entwickelt. Sehr spannend, dass sich Peace nun von der britischen Insel weg wagt, nach Japan, nach Tokio, ins Jahre 1946.
„Tokio im Jahr Null“ ist der treffende Titel und in der zerbombten Metropole lässt David Peace nun Inspektor Minami ermitteln. Zwei Mädchen-Morde gilt es aufzuklären, ein Zusammenhang ist nicht auszuschließen. David Peace bedient sich sehr stark dem Unbewussten. Durch ihn taucht der Leser in ein Zeitloch ein und findet sich im Anblick einer klaffenden Wunde namens Weltkriegsschmerz wieder. In einer existenzialistischen Treffsicherheit, die einem Samuel Becket Freude gemacht hätte, bewegt sich David Peace zum Nullpunkt. Er hinterlässt unglückliche Leser. Wenn auch die Bösen gefangen werden, die Welt bleibt dunkel.

Mit Georg Haderer meldet sich ein neuer österreichischer Krimiautor zu Wort. Seinen ersten Roman „Schäfers Qualen“ lässt er im Ski-Mekka Kitzbühel stattfinden, dem Geburtsort des Autors, der zugleich der Geburtsort des Ermittlers, Major Johannes Schäfers, ist. Drei Morde auf den ersten 80 Seiten sind nicht schlecht, alle drei Opfer wurden rituell hingerichtet und Kommissar Schäfer brennt schon der Hut. Schäfer hat sich die erste Nacht seit Jahren, die er wieder in der Alpenstadt verbracht hat, anständig betrunken und wurde dann zur frühen Stunde „bewusstlos gemacht“. Ziemlich blöd, dass ihm in diesem Zustand seine Schuhe abhanden gekommen sind und noch blöder, dass der dritte Leichnam sie beim Auffinden trug. Alle Morde lassen sich auf das Skilehrer-Milieu zurückleiten, wo wir wieder bei der Biographie des Autors sind, der ebenso einige Zeit als Skilehrer sein Geld verdiente.
Diese Sicherheit, zu wissen über was man schreibt, ist im Roman spürbar. Haderer geht mit Kitzbühel, das ja im Grunde für die Österreichische Bergwelt, dem Tourismus und dem Zweitwohnsitz-Wahn reicher Menschen steht, sehr natürlich um. Es ist weder ein Anti-Heimat Roman noch das Gegenteil. Der Bruch mit diesen Traditionen tut dem Werk gut, denn so konnte der Autor einen coolen Krimi mit einem starken Zug inszenieren.


Wa.

5 comments:

thfkoch said...

Kann den Haderer auch ein norddeutscher Nichtskifahrer lesen?

Der Lektor said...

Kein Problem, Haderer schreibt so, dass Ihn sogar Apenzeller verstehen! Leichter verständlich als der Wanko, ha, ha, ha!

thfkoch said...

:-)

Haubentaucher said...

den wanko versteht sowieso keiner, das ist auch sein erfolgsrezept.

thfkoch said...

Stimmt, und dann grantlt er, wenn man einen seiner Texte orthografisch aufmöbelt, mit intakter Grammatik auf die Reise schickt und ihn dann noch selbst auf dieses liebevolle Plagiat hinweist.