Saturday, March 30, 2013

Über Stars und Wiederentdeckungen.

Tom Wolfe machte journalistisch Weltkarriere, Sylvia Plath starb nach ihrem Debüt
Von mir aus soll es auch nur ein Marketingstreich gewesen sein, aber ein bisschen Wahrheit klebt bekanntlich an jeder griffig heruntergebrochenen Idee. Zusammen mit Norman Mailer, Hunter S. Thompson und Truman Capote war er das Flaggschiff im New Journalism der 1960er-Jahre, der vom strengen Reportagestil abdriftete und mehr schriftstellerische und emotionelle Elemente in die Storys hineinbrachte. War aber so, und war zumindest eine gute Schule für den eigenen Stil. Es dauerte bis 1987, als Tom Wolfe endlich sein erstes fiktives Werk herausbrachte, „Fegefeuer der Eitelkeiten“, in dem er die damalige Yuppie-Generation unter Lupe nahm. Acht Jahre ließ er sich für seinen aktuellen Roman „Back to Blood“ Zeit, so gesehen sind 767 Seiten auch kein Wunder.

Flüssiger geht’s kaum

In „Back to Blood“ geht es grundsätzlich um den Alltagsrassismus in den USA, ausgerechnet im Urlaubs- und Rentnerparadies Miami. Ein Polizist mit kubanischen Wurzeln verhaftet einen Flüchtling, der sich auf einem Schiffsmast, kurz vor dem rettenden Ufer, verbarrikadiert hat. Kaum erledigt, beginnt das Problem eigentlich erst. Bei der sehr starken Anti-Castro-Fraktion ist der Junge einmal unten durch, für die Weißen hingegen ein Held, aber deshalb auch nicht einer von ihnen. Und schon wird er wie eine Flipperkugel durch halb Miami geschossen, weil die Wahl vor der Tür steht und der Polizist, der eigentlich nur Polizist sein wollte, nun zum Spielball von Strategen wird. Natürlich, den Roman kann man auf die Hälfte runterschmelzen, oder zu zwei Büchern verarbeiten. Aber Tom Wolfes Sprache dafür nicht! Trotz hohem Alter sprudelt der Herr, dass es nur so eine Freude ist und vor allem, er lernt auch selbst gerne dazu. Man sieht durchaus, wie er den Schmiss der doch jüngeren Krimi-Kollegen wie James Ellroy oder Don Winslow in seinen Stil einfließen lässt. John Updike hin, Philipp Roth her, Tom Wolfe bleibt der bunte Hund im weißen Anzug, der Dandy mit dem genauen Blick, aber vor allem ein Autor, der nie altmodisch erscheint.

Feine Blicke auf New York

Sylvia Plath – ja traurig ist der Leser eigentlich schon vor Beginn des Buches, denn die Autorin nahm sich 1963, kurz nach dem Erscheinen ihres Debüts „Die Glasglocke“ das Leben. Dabei hätte sie ähnlich wie ein Tom Wolfe, eine Susan Sonntag oder auch eine Carson McCullers das Zeug für viel mehr gehabt.
Plath siedelte ihre „Glasglocke“ im Herzen von New York an. Ein Duzend Mädchen aus ganz Amerika gewinnt ein Volontariat bei einem Hochglanzmodemagazin. Während sich ein Großteil der Mädchen freut wie die Mäuschen und naturgemäß eine Living-is-easy-Stimmung an den Tag legt, kann sich Esther noch nicht so richtig mit der Situation anfreunden. Kurz gesagt, sie hat einen anderen Blick, reagiert auf Kleinigkeiten, das Wetter, die Architektur, in Summe wächst in ihrem Kopf alles zu einem bedrohlichen Dschungel zusammen. Je mehr sich vor ihr die Welt entfaltet, desto mehr treibt es Esther in eine dunkle Ecke – Dramatisches folgt. Fazit: Ja die Frau konnte schreiben, sagenhaft. Prägnanter Stil, großartige Metaphern. Alles gut dosiert. Dem Leser bleibt hier nichts zu wünschen übrig – außer, aber ich will’s ja gar nicht mehr sagen, schauen Sie doch mal aus dem Fenster raus …
Wa.

 
Tom Wolfe: „Back to Blood“, 767 Seiten. Blessing Verlag.

Sylvia Blath: „Die Gasglocke“, 262 Seiten. Suhrkamp Verlag.



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