Monday, February 11, 2013

Jakob Arjouni 1964-2013


Signierstunde bei seinem Graz-Auftritt.
 
 
Jakob Arjouni verstarb vor einigen Tagen an Krebs. Sein Krimiheld lebt weiter.
Mitten in den 1980er-Jahren veröffentlichte Jakob Arjouni seinen wahrscheinlich wichtigsten Roman, einen Krimi mit dem treffenden Titel „Happy Birthday, Türke!“ Der Titel verspricht schon viel, was den Roman ausmacht. Der Privatdetektiv Kemal Kayankaya ist osmanischer Abstammung, wurde jedoch von deutschen Pflegeeltern in Frankfurt adoptiert. Kayankaya kann kein Wort türkisch, seine Emotionen sind jedoch sehr südländisch und von der Frankfurter Gesellschaft wird er oft als vermeintlicher Ausländer von oben herab behandelt. Eine schwierige Ausgangslage also, die jedoch für Kayankaya-Romane ein solides Fundament bietet. Fünf Krimis mit dem schwierigen Helden sind es geworden, die Vergleiche mit Chandler und Hammnett waren ausnahmsweise nicht gedankenlos dahingesagte Floskeln, sondern stimmten. Das alles in einer Zeit, wo „Türken-Krimis“ noch nicht en vogue waren. Nebstbei: Sein erster Kommissar hieß Futt, ihm gefiel das irgendwie, in Österreich, erzählte er mir bei seinem Graz Auftritt - vielleicht nicht ganz passend zu seiner Würdigung, aber es war halt so.

2001 erschien mit „Kismet“ sein bis dorthin letzter Kayankaya-Krimi, der Autor wollte sich nicht pausenlos auf das Fach Kriminalliteratur reduzieren lassen. Er verließ das hartgesottene Frankfurter Milieu und landete mitunter in Paris, wo er mit Chez Max einen futuristischen Geheimdienstroman, oder im deutschen Mittelstand, wo er mit „Hausaufgaben“ wohl einen der trockensten Romane über Macht und Machtmissbrauch schrieb. Seine Stimme war eindringlich, da kritisierte einer, aber eben nicht mit dem Zeigefinger und ohne geheuchelte Moral. Mit „Bruder Kemal“ kehrte er 2012 zu seinem Alter Ego zurück. Aber der vormals rüde Privatdetektiv wirkte ausgeglichener, hatte so etwas wie einen Lebensplan und sah die Unterwelt nicht mehr als sein Wohnzimmer. Rückblickend ist verständlich, warum der Autor nochmals bei „seinem“ Detektiven vorbeischaute: Der Autor verstarb mit 48 Jahren in Berlin.


Wa.

Alle Romane mit größerer Auflage erschienen im Zürcher Diogenes Verlag.

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