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Der Fotograf in Aktion, im Hintergrund seine Bilder. (Foto: Wa.) |
Wir schreiben das Jahr 1985: Anstatt Aperol gab’s
noch g’staubte Achterln, anstatt Prosecco kredenzte man Sekt und sogar koffeinhaltige
Köstlichkeiten wie der „Verlängerte“ oder der „Kleine Braune“ waren noch keine
Seltenheit. Bier blieb übrigens immer Bier. 1985 war auch das Jahr, in dem der
Kulturredakteur Thomas Trenkler begann, zur Kleinbildkamera zu greifen und abzudrücken.
Ach ja, alles analog und das bis heute. So fotografierte er voll viele
Künstler, Kunstfuzzis, Kunstmanager, Adabeis, Schöne uns Grausige, Grantler und
Lustige, Einsame und Zweisame. Einige von denen tranken auch die vorhin
genannten Getränke und sie alle sind im Literaturhaus Graz in der Ausstellung „Thomas
Trenklers Tagebuch“, (Fotos von 1985-2015) auszugsweise zu sehen. Dazu jetzt
einige Fragen an Herrn Trenkler.
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Peter Weibel: "Das bin ja ich!" (Hat auch gemeint: "Früher waren die Frauen fescher, oder ich sehe schon schlechter. Vielleicht kommen sie auch nicht mehr zu mir!") Foto: (Wa.) |
Thomas, bitte Grundsätzliches zur Ausstellung:
Ich habe immer meine kleine Olympus XA in der
Tasche - und mache eben Fotos, wenn die Situation passt. Ich fotografiere, was
ich erlebe. Und ich fotografiere die Menschen, die ich kenne: Freunde,
Bekannte, Gesprächspartner. Aber es ist mein privates Fototagebuch - und kein berufliches.
Zudem versuche ich, das Projekt nicht ausufern zu lassen: Pro Tag mache ich
drei bis vier Fotos - und pro Ereignis zumeist nur ein Foto. Wenn ich an einem
Tag nichts erlebe, mache ich auch klein Foto.
Wie viele Fotos (alle DIN A3) sind in der
Ausstellung und was überkommt dich bei dieser Wucht?
Im Laufe der Jahrzehnte sind etwa 32.000 Kleinbildfotos
mit der Olympus XA entstanden. Für die Ausstellung im Literaturhaus habe ich
580 Fotos ausgewählt, die einen Bezug zu Graz haben: kulturelle Ereignisse, Theaterpremieren,
Vernissagen, Galerientage und so weiter. In der Ausstellung sind auch Fotos von
Grazer Künstlern und Literaten, die in Wien leben.
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Super, wer sich entdeckt. Wer nicht zu sehen ist, kein Problem, es gibt noch mehrere Wände ;) (Foto: Wa.) |
Die "Galerien Partys" und die Ausstellungen
waren früher in Graz „interessanter“, hast du mir gestern im Privaten gesagt.
Habe ich dich richtig verstanden?
Nein, nicht unbedingt interessanter. Aber früher
hat sich mehr getan. Und es gab mehr Ereignisse von überregionaler Bedeutung,
darunter die hochkarätig besetzten Literatursymposien. Die Galerientage waren
früher ein Pflichttermin. Doch etliche Galerien haben geschlossen - und dadurch
ist auch das Angebot schmäler geworden. Nun will Petra Schilcher das Artelier schließen.
Das wäre bitter für Graz.
Deine Bilder sind Zeitdokumente. Künstler wie
Wolfgange Bauer oder Jörg Schlick sind nicht mehr unter uns. Welche Stimmung
befällt dich dabei?
Sie sind zum Glück unvergessen. Das gilt auch für
Peter Vujica, Werner Schwab, Hartmut Urban. Aber dieser Rückblick über 30 Jahre
ist schon eine Achterbahn der Gefühle.
Deine Kamera gab zeitgleich mit der Kündigung in
der Tageszeitung „Der Standard“ den Geist auf. Ist doch so, oder?
Von Zeit zu Zeit geht natürlich ein Exemplar
kaputt. Eine fiel durch einen heftigen Windstoß ins Wasser, eine andere wurde in
Madrid gestohlen. Und ja, am 2. Oktober, einen Tag nach Ende des
"Standard"-Dienstverhältnisses gab die Olympus, die ich die letzten
Jahre in Verwendung hatte, den Geist auf. Wie sich nach dem Entwickeln des
Films herausstellte, waren die Fotos verschwommen und von Blitzen durchzogen.
Sie versinnbildlichen, wie es mir emotional im September ging. Aber das Projekt
geht weiter: Ich habe noch zwei, drei Olympus XA in Reserve.
Danke für das Gespräch,
Wa.
Alle Photos: Wa.
PS.: Kurze Kritik: Es ist ein kantiges,
ungeschöntes Zeitdokument, sehenswert. Auch für diejenigen, die nicht am Bild
sind. Die Ausstellung im Literaturhaus Graz ist täglich von 13 bis 18 Uhr bis
zum 5. Februar zu sehen.