Zwei neue Romane beleuchten bloß einige Stunden.
Douglas Coupland macht es vor: Sein Roman „Spieler
Eins“ umfasst eine Zeitspanne von genau fünf Stunden, dann ist Schluss. Im
wahrsten Sinne des Wortes, denn in nur fünf Stunden soll die Erde untergehen. Witzig-knackig
fährt er mit „Spieler Eins“ in den Weltuntergang – oder gibt es doch eine
Rettung?
Retro Cover, und so.
Science-Fiction
im Anmarsch
Zum Inhalt: Fünf Personen befinden sich in einer öden
Bar in der Nähe eines Flughafens. Alle haben dasselbe Problem: Sie finden ihr
Leben zum Wegwerfen und pfuschen daran herum. Natürlich rechnen sie nicht damit,
dass sie kurzerhand von der Zukunft überrollt werden. Eine Giftgaswolke ist im
Anflug, die Menschen verbarrikadieren sich und ein unorthodoxer Scharfschütze
schießt sich langsam auf die fünf Gäste ein. Dieser Roman kann schon was! Er
spielt mit dem Sinn des Lebens, driftet aber nicht in die Esoterik-Ecke ab; eher
ist er eine intelligente Abhandlung der Realität mit einer Nuance Zukunft. Coupland
kokettiert schon länger mit Science-Fiction-Themen, das tut ihm gut. Jedoch
ereilt ihn einmal mehr das Schicksal des One-Hit-Wonders: Sein Debüt
„Generation X“ bleibt nach wie vor unerreichbar. Und darum wird er sich wohl
wieder einmal in den Arsch beißen!
Ben Fountain macht schon gut Sache! |
Ein bösartiger Cocktail
Der Autor Ben Fountain ist in „Die irre Heldentour
des Billy Lynn“ auch nicht länger als einige Stunden am Geschehen dran. Er begleitet
die „Bravo-Squad“, acht amerikanische Kriegshelden aus dem Irakkrieg, einen
Nachmittag lang. Die acht Soldaten haben ein waghalsiges Manöver mehr durch
Glück als durch Verstand gewonnen. Fox-News drehten zufällig mit und binnen
Stunden waren Kriegshelden geboren. Als Propaganda-Maßnahme werden die Jungs
nun auf eine aberwitzige Blitz-Tour durch die USA getrieben, um danach wieder
an die Front zu müssen. Der Autor beschreibt die letzten Stunden vor der
Rückkehr in den Irak. Es ist der angebrochene Thanksgiving Day in Dallas, an
dem die „Bravo-Squad“ als Stargäste zum Footballspiel der Dallas Cowboys geladen
sind.
Hammer und bam, bam!Wir stehen vor einem absolut dichten Roman zwischen Medienkultur, Popkultur, Kriegsbericht, Größenwahn, Familientragödien, Sex, Erniedrigung und tatsächlich Spaß. Das alles auf einmal, und trotzdem in großer Gelassenheit geschildert – ein amerikanischer Albtraum der feinsten Sorte. Im Prinzip ist dieser Roman eine atemberaubende Mischung aus Don DeLillos „Unterwelt“, Bret Easton Ellis „American Psycho“ und von mir aus such Norman Mailers „Die Nackten und die Toten“. Das Aushängende an der „Irren Heldentour“ sind die Normübertretungen. Der Krieg verkommt zur Show, und der Autor mixt daraus einen genial grausamen Cocktail aus Lust, Ekel, Gier und Angst. Ach, so geil! Dabei bin ich mir nicht einmal sicher, ob man in den Staaten die Verrücktheit dieses Romans in seiner Gesamtheit realisiert, ist man doch zu nahe am Geschehen.
Wa
Douglas Coupland: „Stunde Eins“, 246 Seiten,
Tropen Verlag
Ben Fountain: „Die irre Heldentour des Billy
Lynn“, dtv