Gleich zwei Autoren haben ihre Romane in der Wüste angesiedelt. |
Dave Eggers ist so etwas wie ein großer
Abenteuerliterat in der Neuzeit. Seine Geschichten umspannen oft den ganzen Globus.
Dieses Mal landet er an der Küste von Saudi-Arabien, wo mithilfe der neuesten
IT-Technik aus den USA für den amtierenden König eine moderne Metropole aus der
unendlichen Wüste gestampft werden soll. „King Abdulah Economic City“, so der
protzige Name, doch außer ein schmächtiger Büroturm und ein moderneres
Beduinenzelt steht noch nichts, weit und breit, als die vier Amerikaner
ankommen. In dem Zelt müssen nun der 54 jährige Geschäftsmann Alan Clay und
seine drei jungen Kollegen aus der IT-Branche warten, bis hier etwas passiert. Wacklige
Internetverbindungen, überhitze Luft und ein König, der auf sich warten lässt:
Schlechte Aussichten für Alan, der diesen Mega-Deal sehr dringend benötigt,
denn zu Hause kann er sich nicht einmal die Universitätsgebühren für seine
Tochter leisten – ein Mann am Abgrund.
Wie kaum ein anderer zeitgenössischer Autor
schafft es Dave Eggers in „Ein Hologramm für den König“ aus dem Vollen zu
schöpfen, also auch heutzutage noch ein Werk zu schreiben, das die große
amerikanische Erzähltradition in sich birgt und das literarisch eher spröde
Thema „Wirtschaft“ zum Leben erweckt. Herauskommt eine packende
Globalisierungsgeschichte, die den Verlauf der amerikanischen und auch
europäischen Wirtschaft anhand vom Schicksal des Romanhelden erzählt: Alan Clay
war ein guter Verkäufer, er hatte auch das Gespür für den Menschen, bis er mit
Produktionsdeals in Osteuropa und China seine Fahrradfabrik in einer
irritierenden Freiwilligkeit an die Wand fuhr. Und nun ist er sprichwörtlich im
Treibsand angelangt, den Arabern mit ihrer traditionellen Gelassenheit und auch
Willkürlichkeit ausgeliefert. Der Druck wächst, auch von seinen mitgereisten
jungen Kollegen, denn schlussendlich ist er für den Deal verantwortlich. In der
vielen Zeit die ihm bleibt, die Zeit in der Wüste muss man einmal totschlagen
können, erzählt er mosaikartig, wie er in diese schier ausweglose Situation
geschlittert ist. Und hier entpuppt sich der Autor als herangereifter Erzähler,
der den Leser mit einer beträchtlichen Zufriedenheit zurücklässt.
Liest man Dave Eggers Geschichte doch mit der Lust
einen fiktiven Roman in den Händen zu halten, ist Kevin Powers Werk „Die Sonne
war der ganze Himmel“ dem Genre Kriegsrealismus zuzuordnen, trotz der präzisen
literarisch hochwertigen Landschaftsbeschreibungen, der Wüste im Irak, sowie
des aufkeimenden Frühlings. Es ist ein authentischer Erfahrungsbericht eines jener
jungen Soldaten, die man vor rund zehn Jahren in das Verderben schickte. Eine
Gesichte zwischen Schuld und Unschuld, zwischen Wahrheit und Lüge, sehr gut
aufgeteilt in elf zu unterschiedlichen Zeiten spielenden Kapiteln.
Kevin Powers, selber als Soldat im Irakkrieg,
schreibt sich die Geschehnisse von der Seele, eine Stimme also aus der letzten
„Lost Generation“, der zu wenig Gehör geschenkt wird. Es geht hier um die
tragische Freundschaft zwischen den Soldaten John Bartle und Daniel Murphy. Der
schrille Ton der Mörsergranaten, der Geruch vom verbrannte Fleisch gefallener
Soldaten und dazu als Kontrastbild die im Frühling blühenden Bäume, Bilder die
man aus vielen Antikriegsromanen kennt. Aber dennoch ist die Intensität seiner
Sprache erfrischend, die Mischung aus Abgebrühtheit und literarischem
Feinschliff.
Dave Eggers: „Ein Hologramm für den König“, 348
Seiten, Kiepenheuer & Witsch
Kevin Powers: „Die Sonne war der ganze Himmel“,
239 Seiten, S. Fischer