Kurz zur Erinnerung: Franzobel war 1995
Bachmann-Preisträger. Knapp 20 Jahre und einige Bücher später, unter anderem
den damals sehr hoch gehandelten Roman „Das Fest der Steine oder Die
Wunderkammer der Exzentrik“, legt Franzobel nun seinen ersten Krimi vor. Somit
ist Franzobel der einzige österreichische Autor, der sich – relativ erfolgreich
– wirklich in allen literarischen Gattungen versucht hat. Aber was kann der
Franzobel-Krimi?
Kurz zum Inhalt: Edgar Wenninger ist ein 400-Meter-Läufer,
Olympia-Bronze-Gewinner und x-facher Staatsmeister. Er wird wegen Doping
verurteilt und begeht Selbstmord, als er aus dem vierten Stock eines Wohnhauses
im 6. Wiener Gemeindebezirk springt, aber war es wirklich Selbstmord? Es muss
also ermittelt werden, mit Kommissar Groschen als Hauptfigur. Franzobel schrieb
einen typisch österreichischen Krimi. Das heißt, der Krimi ist mit tollen
Nachnamen gespickt, ist jedoch wie die österreichische Mentalität, sehr träge.
Da hat sich seit Alfred Komarek zu wenig getan. Ich glaube, hier wird zu wenig
über den Plot nachgedacht, sonst könnte ja mehr passieren. Dass Franzobel hier
den Doping-Wahnsinn im Sport hinterfragt, auch den „plötzlichen“ Rücktritt
eines Stars im österreichischen Ski-Team, ist gut, demgegenüber fehlt jedoch
die große Skurrilität in den Figuren, die Franzobel Romane und Stücke immer
auszeichneten. Nice try, aber das nächste Mal bitte mit mehr Pfeffer und nicht so eindimensional.
99 Fragen
Über Moritz von Uslar gibt es viel zu berichten. Mit
„Deutschboden. Eine teilnehmende Beobachtung.“ schrieb er einen interessanten
und einfühlsamen Roman über den tristen Alltag in der Brandenburger Kleinstadt
Zehdenick. Uslar mag man aber vor allem, weil er sehr frech ist und wunderbare
Interviews macht. Mit dem Sammelband „100 Fragen an …“ machte er vor einigen
Jahren Furore, immerhin brachte er damit Prominente wie Mick Jagger und Heidi
Klum zur Verzweiflung oder zur Besinnung, je nachdem. Nun legt Uslar seinen
neuen Interview-Band „99 Fran an …“ vor. Uslar scheint gereift zu sein, er geht
seine Fragestunde nun ruhiger an und liegt damit trotzdem nicht schlecht. Den
krebserkrankten Helmut Dietl sowie den manischen Werner Herzog bat er zum
Gespräch. Unterwürfig ging er zum Literaten Hans Magnus Enzensberger, keck zu
Diane Krug und ein jetzt gar nicht so unkritisches Interview holte er sich bei
Anna Netrebko ab. Ob’s jetzt wirklich klug von ihm war, brav und gesittet
geworden zu sein, ist fraglich, dennoch kann er mit seinen unerwarteten Fragen
immer wieder für Spannung sorgen und an die Grenze von manchen
Interview-Partnern geht er noch allemal: „Ich würde mich nicht noch einmal von
ihm interviewen lassen“, meint zum Beispiel Angela Merkel.
Franzobel: „Wiener Wunder“, 222 Seiten, Zsolnay.
Moritz von Uslar: „99 Fragen an …“, 306 Seiten, KiWi.