Ja, sicher ;) |
FB
Friends scheinen in Summe eine Art Freund zu sein, ein einzelner Typ mit dem
man zu tun hat, der jedoch in Wirklichkeit nicht existent ist. Eine virtuelle
Gestalt aus allen Freunden zusammen, die einen mit Infos füttern und mit denen
man sich unterhält. Irgendwie wurde mir das unheimlich. Zeit dem Freund ein
verfeinertes Gesicht zu geben.
Anfangs
war nur die Idee da, Menschen mit denen man nichts persönlich zu tun hat, von
Facebook zu löschen. Von knapp 1000 Friends geht es so mal locker auf 900
runter, ohne viel Aufwand. Ein paar Bekannte sind dabei, aber im Grunde nicht
so schlimm. Bis heute hat sich kein Entfreundeter bei mir gemeldet, werde ihnen
also nicht aufgefallen sein. Macht ja auch nix. Ich bin ja auch nur ein
Läufer ein Kickplatzgeher und ein Habi, der gelegentlich auf FB etwas
reinschreibt. Das war Anfang Oktober. Interessant wurde es, dies zu posten.
Der erste Rauswurf
„So,
100 Friends rausgeschmissen, habt’s ein Glück gehabt“ war mein lapidares Statement
zu meinen übriggebliebenen Freunden. Diese freuten sich, zumindest bekam ich
überdurchschnittlich viel Aufmerksamkeit (Likes), über 60, dazu noch 17
Kommentare. In den nächsten drei Wochen wiederholte ich die Übung. Jedes Mal
löschte ich 100 FB Friends, was mir jedoch zunehmend schwieriger fiel. Die
FB-Friends mit denen man selten bis nie in Interaktion tritt sind auf FB so
flüchtig wie Flöhe im Hundefäll, denn größtenteils zeigt FB Freunde an, mit
denen die Interaktion stimmt - Egal, es wird natürlich schwieriger, weil man ab
einer gewissen Zahl Friends löscht, die man persönlich kennt. Da überlegt man
dann genauer, aber es hilft nix, minus 100 sind minus 100. Das war mit mir so
ausgemacht.
Die Reaktionen
Spannend
an der Übung war eigentlich der dramaturgische Hintergrund: Blitzschnell
verstand jeder (jede) Interessierte, was mein Spiel soll. Dazu fühlte er sich
auch noch angesprochen, weil ihm „es“ ja auch passieren könnte. Dies
bedeutet, dass die am leichtesten verständliche Dramaturgie zugleich die
eindringlichste ist. Sollte sich jeder Autor und Filmemacher hinter die Ohren
schreiben. Die simple Dramaturgie trieb jedoch sehr schöne Blüten, denn die
Antworten waren oft nicht schlecht: Rolf zum Beispiel schickt mir zum Dank fürs
Nicht-Entliken ein Foto meines Vaters zu. Martin meinte zum Beispiel, dass am
nächsten Freitag die 100 Entfremdeten zu mir nach Hause kommen würden, um mich
zu „begrüßen“. Thomas meinte: „Einmal Freund, immer Freund! So geht's ja auch
nicht. Ich werf' meine alten T-Shirts ja auch nicht weg. Überhaupt, wo sind die
eigentlich? Grübel ...“. Robert war „Verwundert“, dass ich Andrea nicht von
meiner Liste strich usw. – alles super Antworten, nebenbei stiegen auch die
Likes für Postings, die ich so nebensächlich betreibe.
Auch
reale Treffen waren nett, am Fußballplatz, im Supermarkt, beim Joggen. Die
Menschen haben sich gefreut, dass ich sie nicht entfreundet habe. „Noch immer
Freunde!“, war der allgemeine Tenor. Besonders lustig war hier Thomas, den ich
entfreundete, und am nächsten Tag eher zufällig traf. Er meinte, er sehe mich
auf FB immer (!) beim Laufen und auf dem Fußballplatz.. Als ich ihm zur
Verabschiedung sagte, dass wir uns in einem anderen Leben wiedersehen
werden, schaute er mich leicht verwirrt an. Ich glaube, er weiß bis heute
nicht, dass unser gemeinsames FB-Leben beendet ist.
Die Konsequenz
Mit
300 Freunden weniger, habe ich über 30 % meiner Friends zumindest digital über
den Jordan geschickt. Warum nicht gleich alle? Wäre doch eine feine Sache, sich
von den letzten 100 Friends zu verabschieden und dann sich in letzter
Konsequenz selbst zu entliken. Ja, vielleicht kommt das noch einmal. Es hat
zumindest etwas von Agieren und nicht von Reagieren. Und Menschen die agieren,
werden nun mal eher gemocht, als Menschen die reagieren. Ist ja alles nur ein
Spiel, ist ja nix passiert. Ein bisserl Aufmerksamkeit braucht jeder, da
schließe ich mich nicht aus, obgleich es mir wichtig erscheint, gelegentlich an
den Dingen loszulassen, die man nur gewohnheitsmäßig festhält. Also, ich rate
einem jeden: - 30 % Facebook-Friends zahlen sich auch. Weniger ist mehr,
Tatsache.
Wa.
P.S.:
Schön, dass wir noch befreundet sind, irgendwann lernen wir uns schon noch
kennen. Und: Rätselraten entstand, welche Friends ich nach welchem Prinzip
entfreunde. Hier stand nicht wie vermutet, der Fußballverein an vorderster
Stelle.
©
Text: Martin G. Wanko.