You Tube GAK-Video (c) M. G. Wanko
Man stirbt nur einmal, das ist dem GAK passiert, am 30.
Oktober 2012 war es soweit. Nach 110 Jahren schließt der GAK seine Pforten. Was
hast du, Roter, gerade gemacht, als du erfahren hast, dass dein Verein den Bach
runtergegangen ist, wird man einmal unter Kumpels fragen. Ich, für meine
Wenigkeit hatte einen normalen Arbeitstag am Laufen, es war ja auch ein
normaler Montag. Ich hatte eine berufliche Besprechung und bat einen Freund von
mir, mich auf dem Laufenden zu halten, falls das Schlimmste eintreten sollte.
Es hat ja jeder Fan gewusst, dass es zur Fortführung des insolventen Vereis bis
zu Mittag 25.000 Euro brauchen würde. Mein Termin war vorbei und mein Freund
schickte mir kein SMS, ich war also guter Dinge, dass „mein“ Verein sich
zumindest noch auf der Intensivstation befinden müsste.
Ja Pustekuchen, nichts war mehr so, wie noch am Morgen. Rein
informativ schaute ich auf Facebook und die erste Nachricht war bereits von
Jakob Unt online. „R.I.P. mein über alles geliebter GAK. War eine tolle Zeit
mit dir.“ Das war so etwas wie ein Schlag in die Magengrube. Dumpf, aber mit
sehr viel Kraft dahinter. Ich spürte, wie sich in mir Tränen sammeln, konnte
sie aber nicht ablassen. Anstatt dessen verschickte ich in der Familie ein SMS:
„GAK tot“. Sonst nichts. Einige Minuten später rief mich meine Tochter an. Es
ginge ihr sehr schlecht. Meine Nachricht macht sie fertig. Ob sie den
Nachmittagsunterreicht gehen muss. Nein, musst du nicht, antwortete ich ihr. Sie
ging dann trotzdem in den Nachmittagsunterricht, ich wollte aber die
Entscheidung ihr selbst überlassen. Ich ging dann schnell einkaufen und fuhr
noch am Nachmittag in die Obersteiermark um die Gräber meiner Vorfahren für
Allerheiligen zu richten. Während der Autofahrt telefonierte ich mit Freunden,
die dasselbe Schicksal mittrugen. Jeder war überrascht, dass es dann doch so
schnell gehen kann. Aber auch von ihnen verlor keiner eine Träne, zumindest
nicht merklich.
Später am Abend saß ich dann in einem Bistro um die Ecke bei
mir zuhause, trank ein Glas Wein und sah auf meinem Smartphone die vielen
Facebook-Eintragungen. Ja, dachte ich mir, die kriegt auch nicht jeder, da ist
nun schon was fertig, aber so richtig spürbar war es für mich nicht.
Erleichterung spürte ich aber auch keine. Das einzige was passierte, war, dass
mir der österreichische Fußball von einem Moment auf den andere gleichgültig
wurde, auch der Stadtrivale verlor plötzlich sehr stark an Wert. Ich wollte
mich auch an keine tollen Spiele erinnern, auch nicht an das Lebensgefühl, das
meinem Verein innewohnte. In der Fußballlandschaft in meinem Kopf war nichts
als ein aussagloses Nichts. Eine Landschaft vor dem Urknall, wenn man so will.
Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass der GAK in den
letzten Jahren nicht immer durch die reine Liebe zum Verein am Leben gehalten
wurde, sondern durch ein Kalkül. Trotz aller Schmerzen, weil ein Verlust war es
ja, konnte ich nicht mehr darauf losheulen, sowie in dem Moment als der GAK zum
Zwangsabstieg verdonnert wurde, oder der knappe Sieg gegen Blau Weiß Linz vor
drei Jahren dennoch nicht zum Meistertitel reichte. Dieses Mal ist der GAK an
läppischen 25.000 Euro gescheitert, die als Fortführungskaution hinterlegt
werden hätten müssen. Das ist ungefähr ein 500stel von dem Budget, das der GAK
zur Verfügung hatte, als er in der Saison 2003/04 österreichischer
Fußballmeister und Cupsieger wurde. An 25.000 Euro zu scheitern, das ist einem
Verein mit dieser Vergangenheit nicht würdig und trotzdem ist es passiert. Das sind
die Ungerechtigkeiten im Leben. Mit einem großen Knall gehen, das wäre es
gewesen, am besten am Tag des Meistertitels. Dann wäre der Mythos wohl
überlebensgroß gewesen und uns Fans viel Enttäuschung erspart geblieben. Bei so
einer unsauberen Verabschiedung und so viel aufgestauter Wut bleibt uns nur
eine Möglichkeit: Neugründung im Jahre 2012. 2012 ist eh eine schöne Zahl. Fast
so schön wie 1902.
Und bis dorthin sind „wir“ jetzt einmal tot.
Live wird der Text am 04. Nov. 2012 um 19:00 in der Literatursendung auf Radio Steiermark/ORF gelesen.
Wa.
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