Tuesday, October 03, 2006

Menschen mit Charakter

Wankos Blog

Menschen mit Charakter

Was ich das Wochenende so gemacht habe und wie meine Lesungen waren, wollen Sie wissen, also, rollen wir es von hinten auf und beginnen am Sonntag.
Als anständiger Demokrat geht man ja zur Wahl und übt sein Recht aus. Zur Sicherheit nimm ich schon immer Tochter Clarissa „Starlight“ mit. Die richtigen Kreise anzukreuzen, die falschen hat sie zum Glück noch nie getroffen, machen ihr seit jeher Spaß. Man darf also hoffen, dass sie ein ebenso gutgläubiger Trottel wird, wie meine Wenigkeit.
Ja und dann die Pflicht eines echten Grazers, von vielen schon als Sozialdienst belächelt, der Gang auf den Platz. Nicht auf die Balz und nicht auf die Pfalz sondern auf den „Platz“, Sie haben schon richtig verstanden. Und immerhin hatten wir Grund zur Vorfreude. „Unser“ Alen Skoro sollte wieder spielen. Bosnischer Hübschling, mit den schönsten Toren, darum vielleicht auch nicht so viele. Schwer am Bein tätowiert und eben nicht Liebling des Ex-Trainers Schoko Schachner. So viel Beschreibung müsste reichen, um einen Menschen sympathisch machen.

Nein, nein, am Platz trafen wir nicht wirklich Menschen mit Charakter, zumindest was unsere 11 Herrn in Rot auf dem grünen Rasen angeht. Meine Herrn, gegen so eine reingeschissene Wiener Austria darf man doch einfach nicht ... . Viel eher zeigte Starlight mit ihren 11 Jahren Charakter. Als ich nach dem 0:2 und Minute 80. plötzlich meine sieben Zwetschken zu packen begann, schaute sie mich verwundert an. „Wenn wir jetzt gehen, dann sind wir schon gleich wie der Opa und dann red ich sehr lange nicht mehr mit dir!“, sprach sie und schwieg. Dazu ein flehender Blick, so wie von einem Hund, den man vor den großen Ferien abschiebt. Ja, der Opa, der rennt 5 Minuten vor Schluss aus jedem Spiel – und ich weiß wie schlimm das für ein Kind ist, ganz nebenbei: Es gehört sich auch nicht. Und in dem Moment sahen wir das Netz zum 0:3 bauschen. Mein Entschluss zu gehen untermauerte sich. Starlights Entschluss zu bleiben ebenso. Trotzdem brachen wir auf.

Zu meiner Ehren- und Charakterrettung muss ich sagen, dass ich noch ein kleines Interview zur Wahl anstehen hatte, frei nach dem Prinzip: „Und was sagt jetzt der Künstler dazu?“ Aber gut, da hätte man schnell neben die Pinkelwand gehen können und ein paar gescheite Sätze ratschen, hätt’ ich glatt getan – aber nein, dieses mal war es mir ernst: So wie ein scheiß FC Bayern Fan ging auch ich noch vor dem Schlusspfiff, falls Sie verstehen was ich meine. Und dann, gerade bei den Drehkreuzen angelangt passierte es – ich wusste es ja! „Unser“ Alen Skoro, köpfelte noch in der 87. Minute das 1:3. Das ganze Spiel hat er danach gerochen, so stark, dass er schon gar nicht mehr hin wusste, wohin mit sich selbst. Der Ansager nannte den Schützen. Ich konnte C. nicht mehr in die Augen schauen. So lange hat „unser“ Alen Skoro schon kein Tor mehr geschossen und den Blick auf das eine, das stahl ihr der Vater. Zu Hause tröste ich sie. Solch Pein widerfährt bloß Menschen mit Charakter.

Euer Wa.

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