Parker, ein Gangster ohne Vergangenheit und Vornamen
ausgestattet, so cool wie nur möglich, ein Muskelpaket aber nicht dumm, ein
Mann der die Herausforderung liebt und gerne auch mal Drecksarbeit verrichtet: Erfunden
wurde der Charakter von Donald E. Westlake alias Richard Stark. Parker gehört
zu den kantigsten Gangstern, die das Genre Kriminalliteratur jemals hervorgebracht hat.
Vor einigen Jahren hat man begonnen die Parker-Romane des 2008 verstorbenem
Autor neu zu übersetzt und zu veröffentlichen. Diesem Unterfangen setzt der
Verlag jetzt die Krone auf: „The Hunter“, der erste Parker-Krimi aus dem Jahre
1960, wird frisch aufpoliert nochmals herausgebracht.
Knochentrockener
Krimi
Parker ist der hartgesottene, kaum
psychologisierte Anti-Held und so das klassische Gegenstück zu den
Patricia-Highsmith-Protagonisten, alias Tom Ripley und wie sie alle heißen. Highsmith
hat das ja rigoros gemeistert, doch ihre Art zu schreiben brachte eine Schwemme
von „verpsychologisierten“ Verbrechern und Kommissaren mit sich. Parker
hingegen bleibt reduziert: Er ist ein Gangster der gerne Pläne entwickelt, ein
bisschen Nervenkitzel braucht, keiner
geregelten Arbeit nachgeht, dennoch gut leben will. Eigentlich frech, aber echte
Verbrecher sind eben selten sozial integrierte Bürger. In „The Hunter“ pfuscht die
Mafia Parker ins Handwerk, also muss er mit ihr aufräumen und das macht er auch
sehr gründlich. Starks Frauenbild ist leider etwas mickrig, dennoch ist es kaum
verwunderlich, dass ihm Kult-Regisseur Quentin Tarantino Blumen streut, indem
er beteuert, von diesem Klassiker „stark beeinflusst“ worden zu sein.
Die Bohème
und David Bowie
Kurze, grelle Momentaufnahmen einer jungen,
unzufriedenen Generation wird es seit J.D. Salingers „Fänger im Roggen“ immer
geben. Boris Pofalla legt mit „Low“ einen solchen Roman vor: Der Ich-Erzähler
ist auf der Suche nach seinem Freund und Mitbewohner Moritz. Moritz verschwand
Hals über Kopf und der Autor gibt sich nun einige Mühe ihn aufzuspüren. Dabei bekommt
der Leser einen entspannten Einblick in die junge Berliner Kunst-Bohème.
So zwischen Wodka,
Pillen, der schwierigen Liebe und des langsamen Erwachsenwerdens entwickeln
sich fabelhafte kleine Geschichten. So sucht man mit Google Earth einen
versteckten See, geht ins Programmkino in Potsdam und wirft auch mal einen
ätzenden Blick auf die ganzen Start-Ups, der allzu geschäftigen Berliner
Kreativwirtschaft. Übersetzt bedeutet „Low“ so viel wie „langsam“ oder
„Tiefstand“. David Bowies erste LP seiner Berlin Trilogie nennt sich ebenfalls „Low“.
Auf der „Low“ lotet Bowie die innere Einsamkeit und Zerrissenheit neu aus,
Boris Pofalla könnte sich auch einmal in so eine Richtung entwickeln. Wa.
Richard Stark: „The Hunter“ 190 Seiten, Zsolnay
Verlag
Boris
Pofalla: „Low“, 222 Seiten, Metrolit
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