Tuesday, May 25, 2010
Am Morgen hat man die besten Ideen.
Graz kann halt nicht Venedig sein - ist ja nicht am Meer.
Also, heute hatte ich die Idee, dass sich alle Staaten untereinander die Schulden erlassen sollten, inklusive der Weltbank. Einfach alle Länder untereinander auf null schalten. Tolle Idee, was? So eine echte Morgen-Idee.
Vom Gedanken inspiriert, gehe ich joggen, und sehe vor mir den großartigen Schloßberg. Der ist leider nur für den großartig, der ihn großartig findet, und das sind nicht echt viele. Er ist leider nicht von Leonardo da Vinci erdacht worden, nicht einmal ein Ölgemälde von Caravaggio gibt’s, das den Berg – vielleicht mit einer Jesus-Kreuzigung – zum Inhalt hat. So ein richtig, schönes dunkles Barock-Gemälde, mit viel rotem Blut und schweißnassen Gesichtern. „Jesus-Kreuzigung am Schloßberg“ wäre doch ein hübscher Titel dazu. Dann wären wir schon auf dem Weg zum Kulthügel. Also, so ein steiles Caravaggio Ölgemälde, das sogar zwei Jahrhunderte später einen gewissen Shakespeare veranlasst hätte nach Graz zu kommen, um mal zu gucken was da so läuft. Wow!
Vielleicht hätte William bei der Doppelwendeltreppe Romeo und Julia angesiedelt, kann ja sein. So nebenbei: Warum heißt das Stück eigentlich nicht Julia und Romeo, wäre der Julia gegenüber zumindest freundlicher. Shakespeare war halt auch ein bisserl ein Schowi, aber wuascht. Ähm, ja genau, da würden ganz viele Touristen nach Graz kommen und sagen, schau, da Leonardo hat den Schloßberg entworfen, da Caravaggio hat ihn gemalt, und da Shakespeare hat am Fuße des Schloßbergs Romeo und Julia angesiedelt. „Ohhh! Stimmt, schaut so aus wie im Fernsehen!“, würden die Touristen dann voller Staunen und Ehrfurcht sagen, genau so haben sie sich das immer vorgestellt.
Ja, unter solchen Voraussetzungen braucht man kein „Kulturjahr 2003“ und man kann auch ganz dezent über Adolf Hitlers zweifelhaftes Prädikat für Graz hinweg sehen, nämlich Graz sei „die Stadt der Volkserhebung“. Eh klar, in solch einem Fall würde Leonardo da Vinci Adolf Hitler in den Schatten stellen, werbetechnisch zumindest, denn vom Leonardo würds ja doch was zum angaffen geben und vom Hitler eher weniger.
Ich jogge weiter, der Schloßberg ist nicht mehr in Sicht und trotzdem: Nicht einmal Dante war in Graz, ach, hätte der nicht wenigstens einen Vers aus seiner göttlichen Komödie in Graz schreiben können? Nein, uns bleiben nur Hitler und ein bisschen Schwarzenegger, also der volle Adolf und ein wenig Arnold und das ist zum Weinen. Wenn man dann wenigstens in unserem Schloßberg-Stollen die Hitler-Tagebücher gefunden hätte, zur Not ein paar zerflederte Seiten, könnte man in Eggenberg ausstellen – ich sag ja nur, im Zeichen des Tourismus.
Kaum wieder zu Hause angelangt, kommt es mir: Wir müssen unsere Not zur Tugend machen. Wir, also Graz ist pleite und trotzdem geht’s uns gut. Oder noch besser: Der Pleiten- und Schuldengipfel aller Nationen müsste am Schloßberg stattfinden. Über den Dächern von Graz erlässt sich die Welt alle Schulden, dann wären wir ein Fixpunkt in den Geschichtsbüchern. „Der Pleitegipfel in der Pleite-Stadt“, oder „Als sich die Völker verzeihen lernten“. Und tolle Touristen würden aus reiner Neugier zu uns pilgern, nein, nicht aus der Schweiz, Lichtenstein und Oberitalien, sondern aus Vollblut-Ländern, die einem wie Schokolade auf der Zunge zergehen: Burundi, Tansania, Mosambik oder Botsuana zum Beispiel.
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